Der Lehrplan Volksschule beschreibt den bildungspolitisch legitimierten Auftrag der Gesellschaft an die Volksschule. Er legt die Ziele für den Unterricht aller Stufen der Volksschule fest und ist ein Planungsinstrument für Lehrpersonen, Schulen und Bildungsbehörden. Er orientiert Eltern und Erziehungsberechtigte, Schülerinnen und Schüler, die Abnehmer der Sekundarstufe II, die Pädagogischen Hochschulen und die Lehrmittelschaffenden über die in der Volksschule zu erreichenden Kompetenzen. Die Schule als Institution und die Lehrpersonen haben den Auftrag, die Erreichung der Grundansprüche im Unterricht zu ermöglichen.

Das hier vorliegende Kapitel Überblick gibt den Lehrpersonen und allen anderen Nutzerinnen und Nutzern des Lehrplans einen Überblick über den Lehrplan Volksschule, seinen Aufbau, seine Elemente und die darin festgelegten Verbindlichkeiten. Ausführlichere Informationen zu den pädagogischen und konzeptionellen Grundlagen des Lehrplans Volksschule sind im Kapitel Grundlagen zu finden.

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Der Lehrplan Volksschule unterteilt die elf Schuljahre inhaltlich in drei Zyklen. Der 1. Zyklus umfasst zwei Jahre Kindergarten und die ersten zwei Jahre der Primarschule (bis Ende 2. Klasse). Der 2. Zyklus umfasst vier Jahre Primarschule (3. bis 6. Klasse) und der 3. Zyklus die drei Jahre der Sekundarstufe I (1. bis 3. Klasse).

Der Lehrplan Volksschule ist in sechs Fachbereiche Sprachen; Mathematik; Natur, Mensch, Gesellschaft (NMG); Gestalten; Musik sowie Bewegung und Sport strukturiert. Für jeden Fachbereich werden die Kompetenzen beschrieben, welche die Schülerinnen und Schüler im Laufe der Volksschule erwerben.

Im 1. Zyklus orientiert sich der Unterricht an der Entwicklung der Kinder und wird vor allem zu Beginn fächerübergreifend organisiert und gestaltet. Das Spiel hat eine hohe Bedeutung. Um dieser Ausrichtung Rechnung zu tragen, zeigen im Lehrplan Volksschule neun entwicklungsorientierte Zugänge auf, wie an der Entwicklung und dem Lernen des Kindes im 1. Zyklus angeknüpft werden kann. (Siehe Grundlagen, Kapitel Schwerpunkte des 1. Zyklus.)

Daneben enthält der Lehrplan Volksschule die Lehrpläne für die Module Medien und Informatik sowie Berufliche Orientierung. Diese Module beinhalten fächer­übergreifende Aufgaben der Schule und gewährleisten für einen Kern dieser Auf­gaben einen systematischen Aufbau von Kompetenzen.

In die Fachbereichs- und Modullehrpläne sind überfachliche Kompetenzen ein­gearbeitet. Dazu gehören personale, soziale und methodische Kompetenzen.

In die Fachbereichs- und Modullehrpläne sind für einen Unterricht unter der Leitidee Nachhaltige Entwicklung folgende Themen eingearbeitet und mit Querverweisen gekennzeichnet: Politik, Demokratie und Menschenrechte; Natürliche Umwelt und Ressourcen; Geschlechter und Gleichstellung; Gesundheit; Globale Entwicklung und Frieden; Kulturelle Identitäten und interkulturelle Verständigung; Wirtschaft und Konsum.

Die Fachbereichs- und Modullehrpläne enthalten jeweils die einleitenden Kapitel Bedeutung und Zielsetzungen, Didaktische Hinweise und Strukturelle und inhaltliche Hinweise sowie den Kompetenzaufbau als zentrales Element des Lehrplans. Im Kompetenzaufbau wird dargestellt, wie die Kompetenzen über die Volksschulzeit aufgebaut werden.

 

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Auf der ersten Gliederungsebene sind die Fachbereiche und Module in Kompetenzbereiche unterteilt. Die Kompetenzbereiche orientieren sich an Fähigkeiten/Fertigkeiten (z.B. Hören, Lesen, Sprechen, Schreiben in den Sprachen) oder an Themen/Kenntnissen (z.B. Zahl und Variable in der Mathematik).

Wie die Kompetenzbereiche ausgerichtet sind, liegt in der fachdidaktischen Tradition und im aktuellen Stand der fachdidaktischen Entwicklung des jeweiligen Fachbereichs begründet.

Auf der nächsten Gliederungsebene werden die Kompetenzbereiche in Handlungs- bzw. Themenaspekte strukturiert. Nicht alle Fachbereichslehrpläne enthalten diese Gliederungsebene.

Zu jedem Kompetenzbereich bzw. jedem Handlungs- oder Themenaspekt werden Kompetenzen formuliert und deren Aufbau dargestellt. Die Kom­petenz­beschreibungen lenken den Blick auf das Ende der Volksschule und beschreiben, was Schülerinnen und Schüler dann wissen und können.

Für jede Kompetenz wird der erwartete Aufbau an Wissen und Können pro Zyklus gestuft beschrieben. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass Kompetenzen kontinuierlich über einen bestimmten Zeitraum erworben werden. In den einzelnen Kompetenzstufen wird formuliert, über welche Vor- und Zwischenstufen sich umfassendere Kompetenzen aufbauen. Die Kompetenzstufen unterscheiden sich durch die Zunahme von Fakten-, Konzept- und Prozesswissen, durch die Erhöhung von Verstehensanforderungen, durch die höhere Komplexität der An­wen­dungs­situation oder den Grad der Selbstständigkeit, mit der gearbeitet wird.

Die Stufenabfolge kann sich aus der fachlichen Logik ergeben. Das bedeutet, dass die Themen/Kenntnisse und Fähigkeiten/Fertigkeiten einer vorgängig erworbenen Kompetenzstufe zwingend die Grundlage für die nachfolgenden Kompetenzstufen bilden. Gibt es keine solche fachliche Logik, ist die Reihenfolge der Kom­pe­tenz­stufen eine Setzung, die der Lehrplan vornimmt.

Der Kompetenzaufbau weist je nach Thema eine variable Anzahl Kompetenzstufen auf. Diese orientiert sich daran, was für den jeweiligen Kompetenzaufbau fachlich sinnvoll ist.

In der Mitte des 2. Zyklus (Ende 4. Klasse) und 3. Zyklus (Mitte der 2. Oberstufe) ist in der Regel je ein Orientierungspunkt gesetzt. Die Orientierungspunkte legen fest, welche Kompetenzstufen bis zum Ende der 4. Klasse sowie bis zur Mitte der 2. Oberstufe bearbeitet werden sollen. Sie dienen den Lehrerinnen und Lehrern als Planungs- und Orientierungshilfe.

Im 1. Zyklus sowie in einzelnen Fachbereichen im 2. und 3. Zyklus sind keine Orientierungspunkte gesetzt worden. Erklärungen dazu finden sich in den einleitenden Kapiteln des jeweiligen Fachbereichs unter Strukturelle und inhaltliche Hinweise.

An den meisten Kompetenzen wird über alle drei Zyklen hinweg kumulativ gearbeitet. Einige Kompetenzaufbauten beginnen allerdings nicht zu Beginn des 1. Zyklus, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, da für ihren Aufbau bestimmte Voraussetzungen in der Entwicklung und im Lernen der Kinder erfüllt sein müssen. Andere Kompetenzaufbauten werden vor Ende des 3. Zyklus abgeschlossen.

Eine leere Stufe am Anfang eines Kompetenzaufbaus bedeutet, dass mit der Arbeit an dieser Kompetenz nicht zu Beginn des 1. Zyklus begonnen wird.

Die Querverweise in den Fachbereichslehrplänen zeigen auf, wo ein Anknüpfungspunkt zu einem entwicklungsorientierten Zugang, zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung, zu einem anderen Fachbereich oder Modul besteht.

Die Querverweise zu den entwicklungsorientierten Zugängen zeigen auf, welche Inhalte des Lehrplans des 1. Zyklus sich besonders für einen Unterricht unter einer Entwicklungsperspektive eignen.

Die Querverweise zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung zeigen auf, welche Inhalte des Lehrplans sich besonders für einen Unterricht unter der Leitidee einer nachhaltigen Entwicklung eignen.

Innerfachliche und fächerübergreifende Querverweise zeigen Verbindungen zwischen Inhalten des Lehrplans auf, die in verschiedenen Fachbereichen vorkommen und die sich ergänzen. Sie geben Anregungen für fächerübergreifendes Arbeiten oder zeigen auf, wo an bereits vorhandenes Wissen und Können der Schülerinnen und Schüler angeknüpft werden kann.

In der elektronischen Version des Lehrplans Volksschule sind die Querverweise jeweils mit einem Link hinterlegt. Dieser Link führt direkt an die Stelle im Lehrplan, auf die der Querverweis gesetzt ist.

Kompetenzbereiche oder Kompetenzen werden im Unterricht nicht linear abgearbeitet. Fast immer werden verschiedene Facetten einer oder mehrerer Kompetenzbereiche oder Kompetenzen gleichzeitig bearbeitet und zu­sammengeführt. Z.B. wird im Deutschunterricht eine Geschichte gelesen (Kompetenzbereich Lesen), darüber gesprochen (Ko­mpetenzbereich Sprechen) und anschliessend in Gruppen eine szenische Darstellung einstudiert (Kompetenz­bereich Literatur im Fokus). Dabei werden auch überfachliche Kompetenzen mitgeübt. Fachliche und überfachliche Kompetenzen unterschiedlicher Niveauabstufung werden in einem Unterrichtsvorhaben meist verbunden bearbeitet. (Siehe auch Grundlagen, Kapitel Lern- und Unterrichtsverständnis.)

Pro Zyklus werden Grundansprüche ausgewiesen. Die Grundansprüche bezeichnen diejenigen Kompetenzstufen, welche die Schülerinnen und Schüler spätestens bis zum Ende des jeweiligen Zyklus erreichen sollen. Sie erreichen die Grundansprüche im Laufe des Zyklus zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Viele Schülerinnen und Schüler arbeiten anschliessend an den weiterführenden Kompetenzstufen und erreichen auch die darin festgehaltenen Ansprüche.

Die Beschreibungen der vorangehenden Kompetenzstufen werden im Text der Grundansprüche nicht wiederholt. Sie gehören zu den Grundansprüchen.

In einzelnen Fachbereichen sind bei wenigen Kompetenzaufbauten keine Grundansprüche gesetzt worden. Erklärungen dazu finden sich in den einleitenden Kapiteln des jeweiligen Fachbereichs unter Strukturelle und inhaltlich Hinweise.

In den Fachbereichen Sprachen, Mathematik und Natur, Mensch, Gesellschaft (NMG) wurden die Grundkompetenzen (nationale Bildungsstandards) der EDK in die Grundansprüche des Lehrplans eingearbeitet. So wird gewährleistet, dass Schülerinnen und Schüler, welche die Grundansprüche des Lehrplans erreichen, zugleich die Grundkompetenzen (nationale Bildungsstandards) der EDK erreichen.

Der Auftrag des Zyklus definiert im Grundsatz, an welchen Kompetenzstufen in diesem Zyklus verbindlich gearbeitet werden muss. Die Schülerinnen und Schüler erhalten im Unterricht die Möglichkeit, an den Kompetenzstufen, die über die Grundansprüche hinaus zum Auftrag des Zyklus gehören, zu arbeiten. Zusätzlich definiert der Auftrag des Zyklus zuhanden der Lehrmittelschaffenden, für welche Stufen des Kompetenzaufbaus ein Lehrmittel die nötigen Materialien bereitstellen muss.

In der Realschule erreichen die Schülerinnen und Schüler bis zum Ende des 3. Zyklus die Grundansprüche des 3. Zyklus. Sie erhalten zudem die Möglichkeit, gemäss ihren individuellen Möglichkeiten an weiterführenden Kompetenzstufen aufbauend auf den Grundansprüchen des 3. Zyklus zu arbeiten.

In der Sekundarstufe erreichen die Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der Volksschule die Grundansprüche des 3. Zyklus und haben bereits vertieft an den weiterführenden Kompetenzstufen gearbeitet, die als Auftrag des 3. Zyklus bezeichnet sind. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler sollten die weiterführenden Kompetenzstufen erreichen, die als Auftrag des 3. Zyklus bezeichnet sind.

Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I können dem Lehrplan Volksschule folgende Informationen zu den Anforderungsniveaus entnehmen:

Lehrpersonen, die in Schulen oder Niveaugruppen mit Grundanforderungen unterrichten (Realschule), können an die Kompetenzstufen anschliessen, welche als Grundansprüche des 2. Zyklus gekennzeichnet sind. Sie können davon ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler mindestens die Grundansprüche erreicht haben und bereits an weiterführenden Kompetenzstufen gearbeitet haben.

Lehrpersonen, die in Schulen oder Niveaugruppen mit erweiterten Anforderungen unterrichten (Sekundarschule), können an die Kompetenzstufen anschliessen, die als Auftrag des 2. Zyklus gekennzeichnet sind. Sie können jedoch nicht davon ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler in allen Fachbereichen alle weiterführenden Kompetenzstufen des 2. Zyklus vollumfänglich beherrschen.

Abnehmer auf der Sekundarstufe II können dem Lehrplan Volksschule folgende Informationen zu den Anforderungsniveaus entnehmen:

Jugendliche erreichen nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit in den Fachbereichen mindestens die Kompetenzstufen, die als Grundansprüche des 3. Zyklus bezeichnet sind. Die meisten Jugendlichen haben darüber hinaus an weiterführenden Kompetenzstufen gearbeitet.

Schülerinnen und Schüler, die an Schulen mit erweiterten Anforderungen (namentlich Berufsmaturitätsschulen, Fachmittelschulen und Gymnasien) übertreten, erreichen die Kompetenzstufen, die als Auftrag des 3. Zyklus bezeichnet sind. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Schülerinnen und Schüler in allen Fachbereichen alle Kompetenzstufen des Zyklus vollumfänglich beherrschen.

Der Lehrplan Volksschule enthält keine Aussagen zu den Selektionskriterien für den Übertritt in weiterführende Schulen mit erweiterten Anforderungen.

In zahlreichen Kompetenzstufenbeschreibungen des Lehrplans Volksschule werden Präzisierungen verwendet. Sie sind folgendermassen zu lesen: Eine Aufzählung von Inhalten in einer Klammer bedeutet, dass die aufgezählten Inhalte verbindlich zu bearbeiten sind. Im Fachbereich NMG sind diese Inhalte mit dem Symbol gekennzeichnet. Die Verwendung von z.B. bedeutet, dass die aufgezählten Inhalte eine Auswahl sind und der Illustration dienen. Die Lehrerinnen und Lehrer können aus den Beispielen auswählen oder andere Inhalte bearbeiten.

Die Querverweise zu Medien und Informatik sowie Berufliche Orientierung zeigen auf, in welchem Fachbereich und Zyklus verbindlich am Kompetenzaufbau Medien und Informatik bzw. Berufliche Orientierung gearbeitet werden muss.

Im Lehrplan Volksschule werden folgende Abkürzungen und Nummerierungen verwendet, die sich zu einem Code zusammenfügen lassen. Der Code dient dazu, sich im Lehrplan zu orientieren.

D Deutsch
FS1E Englisch 1. Fremdsprache
FS2F Französisch 2. Fremdsprache
FS3I Italienisch 3. Fremdsprache
LAT Latein
MA Mathematik
NMG Natur, Mensch, Gesellschaft
NT Natur und Technik
WAH Wirtschaft, Arbeit, Haushalt
RZG Räume, Zeiten, Gesellschaften
ERG Ethik, Religionen, Gemeinschaft
BG Bildnerisches Gestalten
TTG Textiles und Technisches Gestalten
MU Musik
BS Bewegung und Sport
MIMedien und Informatik
BO Berufliche Orientierung
EZ Entwicklungsorientierte Zugänge zum 1. Zyklus
BNE Bildung für nachhaltige Entwicklung

Die Kompetenzbereiche werden durchnummeriert (1, 2, 3 usw.)

Die Handlungs-/Themen­aspekte werden mit Grossbuchstaben bezeichnet (A, B, C usw.)

Die Kompetenzen werden durchnummeriert (1, 2, 3 usw.)

Die Kompetenzstufen werden mit Kleinbuchstaben bezeichnet (a, b, c, ...).

Es gibt Kompetenzen, die mehrere Aufbauten aufweisen. Diese Kompetenzaufbauten werden zusätzlich nummeriert (1, 2, ...) und die dazu gehörenden Kompetenzstufen mit Kleinbuchstaben (a, b, ...) bezeichnet.

Mit den oben genannten Abkürzungen kann ein Code zusammengestellt werden. So kann auf einzelne Stufen verwiesen werden bzw. können Querverweise angezeigt werden. Dabei wird folgende Reihenfolge gewählt:

  1. Fachbereich bzw. fächerübergreifendes Thema
  2. Kompetenzbereich
  3. Handlungs-/Themenaspekt
  4. Kompetenz
  5. Kompetenzstufe

Nicht immer ist ein Handlungs-/Themenaspekt vorhanden.

Beispiel:

MA.1.A.3.c = Mathematik; 1. Kompetenzbereich; Handlungsaspekt A; 3. Kompetenz; Kompetenzstufe c